3. Oktober, 2022 –
Klimawandel, Umweltpolitik

Zum ersten Mal wird ein Schweizer Konzern wegen Klimagerechtigkeit eingeklagt

Die Menschenrechte der Bewohner*innen von Pari sind akut bedroht, weil sie ihre Lebensgrundlage durch den Anstieg des Meeresspiegels verlieren: Strände verschwinden, der lokale Tourismus bricht zusammen und die Fischerei leidet wegen dem Biodiversitätsverlust. Der Schweizer Zementkonzern Holcim trägt wegen seiner hohen CO2-Emissionen einen grossen Teil der Verantwortung. Vier Bewohner*innen fordern nun im Namen der Insel Gerechtigkeit und wenden sich an die Schweizer Justiz. HEKS, die indonesische Umweltorganisation WALHI und das European Centre für Constitutional and Huam RIghts (ECCHR) unterstützen ihren «Call for Climate Justice» für mehr Klimagerechtigkeit.

Kampf gegen den Untergang
Auf der Insel Pari regt sich Widerstand gegen den drohenden Untergang. Vier Bewohner*Innen haben sich entschlossen, rechtliche Schritte gegen den Zementkonzern Holcim einzuleiten, der zum Klimawandel und damit zu ihren Problemen beigetragen hat. In Zug, wo die Holcim-Gruppe ihren Sitz hat, haben sie ein Schlichtungsgesuch eingereicht. Der Friedensrichter wird die Parteien nun zu einer Verhandlung, voraussichtlich im Oktober, einladen.

Die Forderungen der vier Kläger*innen sind:

  1. Holcim kommt anteilsmässig für die Schäden auf, die sie wegen der Klimaerwärmung erlitten haben.
  2. Holcim tut alles, um zu verhindern, dass der Klimawandel auf der Insel Pari weitere Schäden anrichtet.
  3. Holcim beteiligt sich an den Kosten der Massnahmen, die auf Pari zum Schutz vor dem Klimawandel notwendig sind.

Der Appell kann hier unterschrieben und geteilt werden: https://callforclimatejustice.org/de/appell/.

Der Zementhersteller Holcim
Pari ist vier Kilometer lang und wenige hundert Meter breit. Der höchste Punkt liegt bei drei Meter über dem Meeresspiegel. Überschwemmungen hat es auf Pari immer gegeben. In den letzten paar Jahren haben sie aber merklich zugenommen. Der Grossteil der Verantwortung für diese Entwicklung liegt bei globalen Konzernen. Besonders viele Emissionen verursachen die Unternehmen der Kohle-, Erdöl-, Gas- und Zementindustrie. Eine im Auftrag von HEKS erstellte Studie zeigt auf: Der Schweizer Konzern hat von 1950 bis 2021 über sieben Milliarden Tonnen Zement produziert und die gleiche Menge CO2-Emissionen verursacht. Das sind 0.42 Prozent aller globalen industriellen CO2-Emissionen seit dem Jahr 1750. Oder mehr als doppelt so viel, wie die gesamte Schweiz im gleichen Zeitraum verursacht hat.

Hintergrund
Aufgrund des weltweiten Temperaturanstiegs erhöht sich auch der Meeresspiegel. Im Vergleich zum Jahr 1900 liegt er heute im globalen Durchschnitt 20 Zentimeter höher.  Der Anstieg beschleunigt sich: Bis 1971 betrug er 1.3 Millimeter pro Jahr, heute sind es dreimal mehr. Indonesien ist durch seine geografische Lage und seine lange Küstenlinie besonders stark dem steigenden Meeresspiegel ausgesetzt. Wie hoch das Wasser in Zukunft steigen wird, hängt von den künftigen Emissionen ab. Der Weltklimarat rechnet bei anhaltend hohen Treibhausgasemissionen mit einem Anstieg von bis zu einem Meter bis 2100. In Indonesien wären damit über vier Millionen Menschen jährlichen Überflutungen ausgesetzt.

Quellen: callforclimatejustice.org, Der Fall; Watson «Zum ersten Mal wird ein Schweizer Konzern wegen Klimagerechtigkeit eingeklagt» (25.09.2022)

Bildquelle: callforclimatejustice.org